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Unzulässige Verweigerung der Schlüsselübergabe durch den Bauträger bei Bezugsfertigkeit der Wohnung

Dem Bauträgervertrag liegt üblicherweise ein Ratenzahlungsplan zugrunde. Danach hat der Erwerber bei Erfüllung eines bestimmten Baufortschritts einen bestimmten Prozentsatz des Kaufpreises an den Bauträger zu bezahlen.

Ist das Vertragsobjekt soweit fertiggestellt, dass dem künftigen Erwerber zugemutet werden kann, die Wohnung zu beziehen, liegt die sogenannte Bezugsfertigkeit vor.

Der Bauträger kann bei Vorliegen der Bezugsfertigkeit Zug um Zug gegen Besitzübergabe an den Käufer die betreffende Kaufpreisrate für diesen Leistungsabschnitt verlangen.

In der Praxis kommt es erfahrungsgemäß sehr häufig vor, dass sich bei Bezugsfertigkeit am Bauwerk auch bereits Mängel gezeigt haben oder bestimmte Teilleistungen vom Bauträger noch gar nicht erbracht wurden. Der Käufer hat deshalb wegen dieser Mängel entweder bereits Teile des Kaufpreises zurückgehalten oder hätte zumindest das Recht, solche Einbehalte vorzunehmen.

Bauträger machen Schlüsselübergabe von der vorherigen Zahlung aller "Rückstände" abhängig

In dieser Situation verlegen sich manche Bauträger darauf, die Schlüsselübergabe statt von einer Zug-um-Zug-Zahlung von der vorherigen Zahlung der Rate für die Bezugsfertigkeit sowie der Nachzahlung der eventuell in der Vergangenheit zu Recht einbehaltenen Zahlungen abhängig zu machen.

Da der Käufer in der Regel auf die Übergabe der Wohnung angewiesen ist (z.B. die bisherige Wohnung ist bereits gekündigt), ist er vielfach aus tatsächlichen Gründen gezwungen, diesem unzulässigen Verlangen des Bauträgers nachzukommen und damit mit seinen Zahlungen in Vorleistung zu treten oder berechtigte Einbehalte aufzugeben.

Möglichkeit der Besitzeinräumung durch Beantragung einer einstweiligen Verfügung

Da das Verhalten einzelner Bauträger zunehmend unverfrorener wird, reagieren mittlerweile auch die Gerichte damit, den Käufer in eindeutigen Fällen des Ausnutzen einer solchen Zwangslage durch den Erlass einstweiliger Verfügungen zeitnah in den Besitz der Wohnung zu bringen.

Ein solcher Fall lag einer Entscheidung des Landgerichts Landshut (Beschluss vom 07.01.2020 - 72 O 4112/19) zu Grunde:

Hier hatte der Bauträger die Schlüsselübergabe nicht nur von der vorherigen Zahlung der Rate für die Bezugsfertigkeit abhängig gemacht. Der Bauträger verlangte auch noch die Schlussrate und die Auszahlung des Sicherheitseinbehalts, obwohl das Objekt noch gar nicht fertiggestellt war und noch eine Vielzahl von nicht behobenen Mängeln vorlagen.

Der Käufer war aber auf den Bezug der Wohnung angewiesen, da die bisherige Mietwohnung bereits gekündigt war und mit dem Nichtbezug der Wohnung erhebliche Zahlungsverpflichtungen für ihn entstanden wären.

Der Käufer beantragte deshalb beim LG Landshut des Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Einräumung des Besitzes an der Wohnung. Das Gericht hat sodann dem Verlangen des Käufers entsprochen und den Bauträger verpflichtet, die Wohnung mit allen Schlüsseln an den Käufer zu übergeben.

(eingestellt am 12.03.2020)

Hinweis: Die Veröffentlichung bezieht sich auf die Rechtslage zum jeweils angegebenen Veröffentlichungsdatum und ersetzt keine Rechtsberatung.

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