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Lärm im Mietverhältnis: Lärmprotokoll erforderlich - ja oder nein?

© RA Martin Spatz

Lärm kann den betroffenen Mieter zur Minderung der Miete berechtigen.

Kommt es zum Rechtsstreit hat das Mietgericht zu prüfen, ob und welche Beeinträchtigungen durch Lärm vorhanden waren. Dies setzt voraus, dass dem Gericht vom Mieter Tatsachen mitgeteilt werden, welche eine Entscheidung darüber ermöglichen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Mietminderung vorliegen.

Das "Lärmprotokoll" des durch den Lärm betroffenen Mieters steht hierbei im Zentrum der gerichtlichen Auseinandersetzung. "Googelt" der interessierte Mieter dieses Thema, gelangt er vielfach zu der Aussage des Bundesgerichtshofs wonach es im Gerichtsverfahren "bei Lärm nicht der Vorlage eines detaillierten Protokolls" bedürfe. Diese allgemeine Aussage sollte man als betroffener Mieter mit Vorsicht handhaben.

Kurz zum Hintergrund der BGH-Entscheidungen:

  • Urteil vom 29.02.2012, Az. VIII ZR 155/11: Lärm durch Feriengäste, Partygeräusche, Musik, Lärm durch Putzkolonnen auf dem Flur o.ä.
  • In diesem Verfahren hatten die Mieter im gerichtlichen Verfahren umfangreiche Angaben zu den jeweiligen Vorfällen gemacht. Die Mieter hatten eine Beschreibung vorgelegt, aus der sich ergab, um welche Art von Beeinträchtigungen es geht (Partygeräusche, Musik, Lärm durch Putzkolonnen auf dem Flur o.ä.), zu welchen Tageszeiten, über welche Zeitdauer und in welcher Frequenz diese ungefähr auftreten. Der BGH wertete diese Beschreibung in seinem Urteil als "minutiös" und verlangte im Gegensatz zum Berufungsgericht kein noch über diese minutiöse Beschreibung hinausgehendes detaillierteres Lärmprotokoll.

  • Urteil vom 22.08.2017, Az. VIII ZR 226/16: Kinderlärm
  • In diesem Verfahren hatten die Mieter ebenfalls bereits umfangreiche Lärmprotokolle gefertigt. Diese Lärmprotokolle umfassten aber nicht den gesamten Zeitraum, für den eine Mietminderung geltend gemacht wurde. Der BGH hat im Gegensatz zur Berufungsinstanz entschieden, dass das Gericht die nicht dokumentierten Zeiträume nicht einfach unberücksichtigt lassen kann, wenn die Mieter gleichzeitig ausführen, dass auch in diesen (nicht explizit dokumentierten) Zeiträumen die in den vorhandenen Lärmprotokollen dokumentierten Beeinträchtigungen in demselben oder ähnlichen Umfang bestanden.

    Die obigen Entscheidungen des BGH sollte man deshalb aus Mietersicht nicht dahingehend interpretieren, im Streitfall nachlässig bei der Darstellung und der Dokumentation von Lärmbeeinträchtigungen zu sein. In beiden Fällen gab es Lärmprotokolle der Mieter, die nach Ansicht des BGH eine ausreichend genaue Beschreibung des Sachverhalts beinhalteten.

    Fazit aus anwaltlicher Sicht: Es empfiehlt es sich in jedem Fall, ein detailliertes Lärmprotokoll zumindestens über einen aussagekräftigen Zeitraum zu führen, und zwar aus folgenden Gründen:

  • Ein detailliertes Lärmprotokoll vermeidet eine unnötige Diskussion darüber, ob eine ausreichende Tatsachengrundlage für eine gerichtliche Entscheidung vorliegt. In beiden BGH-Fällen sind von der ersten Mangelanzeige bis zur Entscheidung des BGH jeweils fast 5 Jahre (!) vergangen, nur um darüber zu streiten, ob der Vortrag des Mieters genau genug ist oder nicht. Der BGH hat auch die Sache inhaltlich nicht beendet, sondern an die Vorinstanz zurückverwiesen, damit dort erst noch die entsprechenden Beweise über die Richtigkeit der Behauptungen des Mieters eingeholt werden.
  • Jedenfalls dann, wenn der Mieter eine Mietminderung umsetzt und von der Miete abzieht, sollte er nicht auf ein detailliertes Lärmprotokoll verzichten. Im oben dargestellten BGH-Fall (Urteil vom 29.02.2012) hatte der Mieter die Miete entsprechend gemindert, so dass im Laufe der Zeit ein Minderungsbetrag von mehr als 2 Monatsmieten zustande kam. Der Vermieter erklärte sodann die außerordentliche Kündigung des Mietverhältnisses wegen Zahlungsverzuges und verlangte die Räumung der Wohnung. Das Berufungsgericht hatte den Mieter auch zur Räumung der Wohnung verurteilt (!). Es kann also sehr schnell um "Alles-oder-Nichts" gehen. Hierauf sollte ein Mieter so gut wie möglich vorbereitet sein und sich nicht auf Minimalanforderungen an seinem Sachvortrag verlassen.
  • Die Höhe der Mietminderung steht im direkten Verhältnis zur Gebrauchsbeeinträchtigung. Je intensiver die Gebrauchsbeeinträchtigung, um so höher fällt die Mietminderung aus. Trägt der Mieter als Betroffener in seiner Beschreibung/seinem Protokoll nichts oder nur wenig zur Gebrauchsbeeinträchtigung vor, dann besteht die Gefahr, dass sich das Gericht im Rahmen der Beweiserhebung (z.B. bei der Befragung der Zeugen) und bei der Beweiswürdigung (z.B. bei der Bestimmung der Höhe der Minderungsquote) bewusst oder unbewusst zu Lasten des Mieters von dem Gedanken leiten lässt "wenn der Mieter schon nichts Konkretes dazu sagt, dann kann das nicht so schlimm gewesen sein".
  • (eingestellt am 27.11.2018)

    Hinweis: Die Veröffentlichung bezieht sich auf die Rechtslage zum jeweils angegebenen Veröffentlichungsdatum und ersetzt keine Rechtsberatung.

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