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Nachbarlärm - es kommt nicht immer nur auf die Lautstärke an

Im Nachbarschaftsverhältnis kommt es häufig zu Streitigkeiten über Lärmbeeinträchtigungen. Liegt eine wesentliche Lärmbeeinträchtigung vor, so können dem hierdurch negativ betroffenen Nachbarn Ansprüche auf Unterlassung des Lärms zustehen.

Fraglich ist in diesem Zusammenhang immer die Frage, ab wann eine Beeinträchtigung als wesentlich anzusehen ist.

Nach § 906 Abs. 1 Satz 2 BGB ist eine Beeinträchtigung in der Regel unwesentlich, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnung festgelegten Grenz- oder Richtwerte nicht überschritten werden. Diese Abgrenzung, welche nur an der Lautstärke des Lärms ausgerichtet ist, gilt aber nicht ausnahmslos.

In einem Rechtsstreit zwischen Nachbarn entschied z.B. das LG Ingolstadt am 23. Dezember 2022 (Az. 81 O 2243/21), dass die Haltung von drei Hähnen auf dem Grundstück eine wesentliche Beeinträchtigung für das Nachbargrundstück darstelle. In dem Verfahren war unter anderem streitig, ob die gesetzlichen Lärmpegel durch das Hähnekrähen überschritten wurden.

Das Gericht lies die Frage nach dem ausschlaggebenden Grenzwert letztlich unbeantwortet, da man neben dem Schallpegel auch die Dauer und Häufigkeit, die Frequenzen der Geräusche und deren Zusammensetzung, die Nähe zur Schallquelle und die Tageszeit, zu der die Geräusche auftreten, berücksichtigen müsse. Vorliegend resultiere die Beeinträchtigung nicht allein aus der Lautstärke des Krähens, sondern insbesondere aus dem ständigen gegenseitigen "Antwortkrähen" der Hähne, was zu nahezu ununterbrochenem Lärm führte.

Bei einer Gesamtschau all dieser Umstände kam das Gericht - nach einem Ortstermin, bei dem laut Gerichtsprotokoll die Hähne offenbar durchgehend gekräht haben - zu der Auffassung, dass die Beeinträchtigung durch den Lärm der Hähne unabhängig vom konkreten Schallpegelwert als wesentliche Beeinträchtigung zu qualifizieren sei. Dieser Einschätzung schloss sich auch das OLG München als Berufungsgericht (Az. 212 U 454/23 e) an.

Das Gericht betonte, dass dem beklagten Nachbarn verschiedene Möglichkeiten zur Minderung der Lärmbelästigung offenstehen, wie die Reduzierung der Anzahl der Hähne, die Verlegung des Geheges oder die Implementierung schalldämmender Maßnahmen. In jedem Fall sei er aber verpflichtet, es zu unterlassen, auf dem Grundstück Geflügel in der Weise zu halten, dass eine wesentliche Beeinträchtigung anderer erfolgt.

(eingestellt am 11.03.2025)

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