
Architektonische Gestaltung bei bloßer Variation eines bekannten Formenschatzes ist nicht urheberrechtsfähig
Architekten können unter bestimmten Umständen Urheberrechtsschutz an baulichen Gestaltungen für sich beanspruchen. Um diesen Schutz zu erlangen, muss das architektonische Werk aber eine urheberrechtliche Gestaltungshöhe aufweisen.
Das Oberlandesgericht (OLG) Köln hatte in seinem Urteil vom 29.11.2024, Aktenzeichen 6 U 43/24, über Schadensersatz- und Unterlassungsansprüche eines Architekten zu entscheiden, die dieser für eine von ihm entwickelte Fassadengestaltung beanspruchen wollte. Er war der Auffassung, dass diese Gestaltung von einem anderen Architekten unter Verletzung des Urheberrechts übernommen worden sei.
Der Architekt machte für sich geltend, dass seine Fassadengestaltung einzigartig sei und es vorbekannte Gestaltungen, die alle von ihm verwendeten Einzelheiten enthielten, nicht gebe. Er begehrte Schutz für ein Element der Fassadengestaltung, welches er dahingehend charakterisierte, dass es geprägt sei durch alternierende, vor- und zurückversetzte Lisenen und Gesimse, die sich zu vorspringenden Kreuzungspunkten mit kleinen rechteckigen Frontflächen verjüngen und zu zurückgesetzten Kreuzungspunkten mit größeren Frontflächen verbreitern. Er habe sich dabei zwar von bestimmten Vorbildern inspirieren lassen und sich damit auseinandergesetzt, aber hieraus ein neue eigene Werkschöpfung entwickelt.
Dem ist das OLG Köln nicht gefolgt und hat für die betreffende Fassadengestaltung einen Urheberrechtsschutz verneint. Für das Gericht war entscheidend, dass die Fassade auf einem vorbekannten Formenschatz der Gestaltung zurückgreift und die Komposition der einzelnen Elemente nicht zu einem neuen Werk geführt hat. Unter einem vorbekannten Formenschatz gehören architektonische Vorgaben, die in dem jeweiligen Schaffensbereich üblich oder Teil einer allgemeinen Gestaltungssprache geworden sind. Wird auf einen solchen Formenschatz zurückgegriffen, ist aber die Möglichkeit eingeschränkt, originell schöpferisch ein urheberrechtlich schützenswertes Werk schaffen zu können.
Zwar kann auch bei der Übernahme eines allgemeinen Formenschatzes eine schöpferische Leistung durch Neubildung oder Kombination mit neuen oder anderen vorbekannten Elementen erbracht werden. In diesem Fall muss aber hierdurch eine besondere schöpferische Wirkung und Gestaltung erzielt werden. Es genügt nicht jede Variation des Formenschatzes. "Nur" die Variation einer (vorbekannten) Grundidee, ohne diese zu verlassen oder sie schöpferisch zu verändern, führt damit nicht zu einem urheberrechtlich geschützten architektonischen Werk.
(eingestellt am 19.02.2025)
Hinweis: Die Veröffentlichung bezieht sich auf die Rechtslage zum jeweils angegebenen Veröffentlichungsdatum und ersetzt keine Rechtsberatung.
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Haftung des Architekten bei Überschreitung der BaukostenRechtsanwalt Martin Spatz - info@raspatz.de - (089) 442398 74 - Landsberger Straße 155, 80687 München