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Das "ästhetische" Gartenhaus auf der Sondernutzungsfläche bzw. über Geschmack lässt sich (nicht) streiten

Bei Gartenhäusern stehen vielfach zwei Ansichten unversöhnlich gegenüber. Da gibt es einmal den Gartennutzer, für den ein Garten notwendigerweise das Aufstellen eines Gartenhaus bedingt (Pragmatikeransatz: "Wo soll sonst der Rasenmäher hin?"); und dann gibt es den Gartennutzer, dem es schon beim bloßen Anblick eines Gartenhauses beim Nachbarn graut (Ästhetischer Ansatz: "Wie kann man nur!").

Eine besondere Streitanfälligkeit bezüglich Gartenhäusern bergen Wohnungseigentümergemeinschaften mit Sondernutzungsrechten für einzelne Wohnungseigentümer an Gartenflächen der Gemeinschaftsanlage. Im Wohnungseigentumsrecht stellt sich dabei die Frage, ob das Aufstellen des Gartenhauses als zustimmungspflichtige, da nachteilige bauliche Veränderung nach § 22 Abs. 1 WEG (alt) bzw. § 20 Abs. 1, 2 und 3 WEG (neu ab 01.12.2020) zu werten ist.

Soweit das Gartenhaus nicht sonstige Nachteile mit sich bringt (z.B. Ableitung von Regenwasser zum Nachbargarten, Verschattung, etc.) oder aufgrund der Größe bereits baurechtlich unzulässig ist, dreht sich dann die rechtliche Diskussion "nur" um die Optik des Gartenhauses.

Es wird dann vom Gartenhausnutzer argumentiert, dass das Gartenhaus keine optischen=ästhetischen Nachteile mit sich bringe oder gar die gesamte Anlage optisch aufwerte. Das Gartenhaus sei "schön, geschmackvoll und ansprechend" und "das architektonische und ästhetische Bild der Wohnanlage werde nicht beeinträchtigt" (so z.B. im Fall des AG München, Urt. v. 07.03.2017 - Az. 484 C 22917/16).

Diese Argumentation läuft letztlich auf den Geschmack des jeweiligen Betrachters hinaus. Selbst wenn eine bestimmte bauliche Maßnahme dem gängigen Zeitgeschmack entspricht, kann aber die Frage des Vorteils oder Nachteils einer bestimmten Gestaltung von verschiedenen unvoreingenommenen Betrachtern unterschiedlich bewertet werden. Über Geschmack lässt sich letztlich nicht "objektiv" streiten.

Insofern geht die Rechtsprechung den Weg, dass es bei der Optik eines Gartenhauses weniger darauf ankommt, ob es "schön, geschmackvoll und ansprechend" ist, sondern ob die Optik der Anlage im Vergleich zu dem vorherigen Zustand ohne Gartenhaus erheblich abgeändert wurde. 

Ob man diese Veränderung als positiv oder negativ bewertet, spielt kein Rolle. Ein Wohnungseigentümer muss sich in Fragen der Ästhetik nicht dem Geschmack eines anderen Wohnungseigentümers fügen.

Gab es vorher nur eine grüne Wiese und steht jetzt ein dunkelbraunes 2,4 m hohes und 2,1 m x 2,1 m großes Holzhaus im Gartenanteil, dann ist dies - unabhängig von der Ästhetik - eine erhebliche Veränderung des Erscheinungsbildes und damit schon aus diesem Grund eine nachteilige, zustimmungspflichtige bauliche Veränderung nach § 22 WEG (AG München, Urt. v. 07.03.2017 - Az. 484 C 22917/16).

Ist das Gartenhaus dagegen eher unscheinbar und so in den Garten integriert, dass es von außen für Dritte nicht oder kaum sichtbar ist, kann im Einzelfall auch einmal eine unerhebliche Veränderung des Erscheinungsbildes vorliegen und das zustimmungsfreie Aufstellen zulässig sein. Allerdings dürfte dies eher selten anzunehmen sein. Daran dürfte auch das ab dem 01.12.2020 geltende neue WEG nichts grundsätzlich ändern.

Hinweis: Zu berücksichtigen ist, dass in manchen Wohnanlagen Gemeinschaftsordnungen gelten können, welche abweichend von den Regelungen des WEG das Aufstellen von Gartenhäusern erlauben oder an bestimmte Voraussetzungen knüpfen.

Hinweis: Die Veröffentlichungen beziehen sich auf die Rechtslage zum jeweils angegebenen Veröffentlichungdatum und ersetzen keine Rechtsberatung.

Rechtsanwalt Martin Spatz - info@raspatz.de - (089) 442398 74 - Landsberger Straße 155, 80687 München