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Der Widerruf eines mit einem Bauunternehmer geschlossenen Werkvertrages

© RA Martin Spatz

Schließt ein Verbraucher mit einem Bauunternehmer einen Vertrag über die Erbringung von Bauleistungen ab, stellt sich die Frage, ob bei diesem Vertrag ein Widerrufsrecht für den Verbraucher besteht.

Widerrufsrecht beim Verbraucherbauvertrag

Ein Widerrufsrecht besteht nach § 650 i BGB grundsätzlich immer beim sogenannten Verbraucherbauvertrag. Der Verbraucherbauvertrag ist ein Vertrag, durch den der Unternehmer von einem Verbraucher zum Bau eines neuen Gebäudes oder zu erheblichen Umbaumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude verpflichtet wird (§ 650 i BGB).

Widerrufsrecht beim Bauvertrag und Werkvertrag

Wird "nur" ein Bauvertrag (§ 650 a BGB) oder "nur" ein Werkvertrag (§ 631 BGB) zwischen Verbraucher und Bauunternehmer geschlossen, besteht ein Widerrufsrecht für den Verbraucher dann, wenn der entsprechende Vertrag entweder außerhalb der Geschäftsräume des Bauunternehmers oder im Fernabsatzvertrieb zustande gekommen ist.

Ausnahme: Ein Widerrufsrecht besteht allerdings nicht bei Verträgen, bei denen der Verbraucher den Unternehmer ausdrücklich aufgefordert hatte, ihn aufzusuchen, um dringende Reparatur- oder Instandhaltungsarbeiten vorzunehmen (§ 312 g Abs. 2 Nr. 11 BGB).

Belehrung über das Widerrufsrecht

Der Bauunternehmer hat den Verbraucher über das Widerrufsrecht zu belehren. Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Erfolgt keine Belehrung, verlängert sich das Widerrufsrecht für den Verbraucher und kann bis spätestens zwölf Monate und 14 Tage nach Vertragsschluss ausgeübt werden.

Eine unterlassene Belehrung über den Widerruf kann für den Bauunternehmer gravierende Folgen haben!

Beim Widerruf eines Verbraucherbauvertrages sind nach § 357d BGB die bis zum Widerruf erbrachten Leistungen zurückzugewähren. Kann die Bauleistung (weil z.B. fest verbaut) nicht zurückgegeben werden, hat der Verbraucher Wertersatz in Höhe der hierfür vereinbarten Vergütung zu leisten. Der Bauunternehmer bekommt also im Falle des Widerrufs zumindest einen Wertersatz für eine etwaig bereits von ihm erbrachte Leistung.

Beim Werkvertrag kann der Unternehmer dagegen im Falle des Widerrufs und einer unterbliebenen Widerrufsbelehrung völlig leer ausgehen (!). Denn dann muss der Unternehmer etwaige Vorschusszahlungen des Verbrauchers nach § 357 Abs. 1 BGB herausgeben und erhält nach § 357 Abs. 8 BGB auch keinen Wertersatz für bereits von ihm erbrachte Leistungen.

Kein Anspruch des Unternehmers auf Rückgabe der Einbauten

Nach einer Entscheidung des Landgerichts Flensburg vom 12.06.2020 - 2 O 233/19 - hat der Bauunternehmer bei einem widerrufenden Werkvertrag auch keinen Anspruch auf Rückbau bzw. Ausbau der bereits eingebauten Leistungen, wenn der Unternehmer nicht über das Widerrufsrecht belehrt hat.

In dem Fall des LG Flensburg ging es um eine Sonderanfertigung einer Markise samt Montage an der Hauswand. Nach Ansicht des Gerichts handelt es sich hierbei nicht um einen Kaufvertrag, sondern um einen Werkvertrag. Der Verbraucher konnte deshalb in diesem Fall nach dem Widerruf des Vertrages den kompletten Werklohn zurückfordern und der Unternehmer konnte wegen der unterlassenen Widerrufsbelehrung weder mit Wertersatz aufrechnen noch wurde ihm ein Anspruch auf Rückgabe der Markise zuerkannt.

(eingestellt am 16.11.2020)

Hinweis: Die Veröffentlichung bezieht sich auf die Rechtslage zum jeweils angegebenen Veröffentlichungsdatum und ersetzt keine Rechtsberatung.

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